Pontifikalamt Pfingstsonntag
Abend
15. Mai 2016
Maria Vesperbild
Apg 2, 1-11
Joh 20, 19-23
Friede sei mit
euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.
Als sich das
Getöse erhob, strömte die Menge zusammen und war ganz bestürzt; denn jeder
hörte sie in seiner Sprache reden.
Pfingsten! Evangelisation und Mission
In gewissem Sinn versuchen wir auch heute noch, im 21.
Jahrhundert, die ersten Jünger im Abendmahlssaal in Jerusalem nachzuahmen.
Dort, wo wir heute leben, machen wir die Erfahrung der Anhänger Jesu. Diese
hatten sich im Auftrag des auferstandenen Christus zum Gebet versammelt.
Dieses war die Voraussetzung, um den Heiligen Geistes zu empfangen. So
erfahren auch wir heute die Fülle jenes strahlenden Tages vor fast zweitausend
Jahren. Es handelt sich dabei nicht um einen Automatismus, oder um ein
unfehlbares Rezept für ein neues Pfingsten und damit für einen Erfolg im Leben
als Christen. Vielmehr handelt es sich um einen Akt des Gehorsams gegenüber dem
Herrn, der uns fähig macht, das Geschenk von Gott, dem Heiligem Geist zu
empfangen, das uns das Tor zum Himmel öffnet.
Pfingsten,
als Endpunkt der Heilsgeschichte und als Moment der Fülle im Leben der Kirche,
ist immer aktuell in unserem Leben. In Pfingsten sind die Verheissungen des
Alten Testamentes erfüllt. Wenn wir den Worten Christi folgen, können wir mit
dem Vertrauen leben, dass unser Bemühen in unserem Gebetsleben Christus zu
suchen –
sei es einzeln oder in einer Gemeinschaft –, dass dieses Bemühen uns auf das vorbereitet,
was fehlt, also auf „dieses Brausen“, diesen göttlichen Ausbruch der Gnade des
Heiligen Geistes. Dieser macht unser Leben im Dienst des Evangeliums vollkommen
und fruchtbar zum Wohl jener, die noch nichts von der Frohen Botschaft
vernommen haben.
Oft spricht man vom
heutigen Fest als dem Geburtstag der Kirche: Ja, heute ist wirklich die Kirche
geboren; die neue Schöpfung durch die Sendung des Heiligen Geistes ist heute
auf der Bühne der Geschichte erschienen. Heute ist die Taufgnade durch den Tod
und die Auferstehung Christi in uns bestätigt worden durch den Heiligen Geist,
der das Leben gibt. In diesem Sinn gibt es das Sakrament der Firmung nicht nur,
um unseren Glauben zu stärken, uns zu ermutigen tugendhaft zu leben, indem wir
den Geboten folgen, sondern auch, um etwas zu entfesseln! Es handelt sich um
die Stärkung jedes einzelnen Christen, die uns rettet, jedoch nicht für uns
alleine. Die unauslöschliche Gnade der Firmung ist uns gespendet, um durch uns
diese Gnade des Heiligen Geistes bis an die Enden der Erde zu verbreiten!
Pfingsten!
Evangelisierung und Mission!
Im Kompendium des Katechismus
der Katholischen Kirche kann man lesen:
„265: Welchen Platz hat die Firmung im göttlichen
Heilsplan?
... Das ganze Leben und
die Sendung Jesu verlaufen in völliger Gemeinschaft mit dem Heiligen Geist. An
Pfingsten empfangen die Apostel den Heiligen Geist und verkünden ‚Gottes grosse
Taten’ (Apg 2,11). Durch Handauflegung vermitteln sie den Neugetauften die Gabe
ebendieses Geistes. Die Kirche hat die Jahrhunderte hindurch weiter vom Geist
gelebt und in ihren Kindern mitgeteilt“.
268. Welche Wirkung hat
die Firmung?
Die Wirkung der Firmung ist die besondere Ausgiessung des
Heiligen Geistes, wie einst an Pfingsten. Diese Ausgiessung prägt der Seele ein
unauslöschliches Siegel ein und führt zum Wachstum der Taufgnade. Sie
verwurzelt tiefer in der Gotteskindschaft; sie vereint fester mit Christus und
mit seiner Kirche; sie stärkt in der Seele die Gaben des Heiligen Geistes; sie
schenkt eine besondere Kraft, um für den christlichen Glauben Zeugnis
abzulegen.“
Es gibt im liturgischen
Kalender kein anderes Fest oder eine andere Feierlichkeit, die so den
missionarischen Auftrag der Kirche in den Mittelpunkt stellt, wie Pfingsten.
Der Beginn der Mission der Apostel, durch die der auferstandene und siegreiche
Jesus in die Welt getragen wird, befindet sich im Abendmahlssaal in Jerusalem,
in jenem Ort also, in dem der Herr vor seinem Tod am Kreuz die Eucharistie und
das Amtspriestertum eingesetzt hat. Die erste Verkündigung des Evangeliums wird
dort vorbereitet und zwar durch intensive Tage des Gebetes der Jünger,
gemeinsam mit der Muttergottes. Die nachösterliche Verkündigung durch den
auferstandenen Herrn während der vierzig Tage vor seiner Himmelfahrt, findet
ihre Vertiefung in der vorpfingstlichen Novene. Der versprochene Heilige Geist
führt den Rest in den Herzen der Jünger zu Ende und macht die Predigt des
Petrus fruchtbar: „Als sich das Getöse
erhob, strömte die Menge zusammen und war ganz bestürzt; denn jeder hörte sie
in seiner Sprache reden“.
Unser Glaube, unser
Botschaft an die Welt, unsere pfingstliche Hoffnung auf die Erlösung in
Christus, die Rettung von der Sünde und vom ewigen Tod, ist keine dunkle
Doktrin, gewonnen aus nur mangelhaft entschlüsselten Schriften. Von der
Intimität des Gebetes, verbunden mit jenem der Jungfrau Maria, tritt der
Heilige Geist auf die Bühne dieser Welt mit Brausen und mit Klarheit: Jeder hörte
sie in seiner eigenen Sprache reden. Das ist das Werk Gottes, das der Heilige
Geist infolge des Sieges Christi nach dem Willen des Vaters in uns gewirkt hat.
Diese Tatsache ist
einfach und jeder mit ehrlichem Herzen, der sich vom Geheimnis von Pfingsten
berühren lässt, kann es einsehen. So können wir die spontane Reaktion einer
vollkommenen Verfügbarkeit der Menschen, die der Predigt des Petrus zuhörten
verstehen.
„Als sie das
hörten, traf es sie mitten ins Herz, und sie sagten zu Petrus und den übrigen
Aposteln: Was sollen wir tun, Brüder? Petrus antwortete ihnen: Kehrt um und
jeder von euch lasse sich auf den Namen Jesu Christi taufen zur Vergebung
seiner Sünden; dann werdet ihr die Gabe des Heiligen Geistes empfangen. Denn
euch und euren Kindern gilt die Verheissung und all denen in der Ferne, die der Herr, unser Gott, herbeirufen wird.
Mit noch vielen anderen Worten beschwor und ermahnte er sie: Lasst euch retten aus
dieser verdorbenen Generation! Die nun, die sein Wort annahmen, liessen sich
taufen. An diesem Tag wurden (ihrer Gemeinschaft) etwa dreitausend Menschen
hinzugefügt. Sie hielten an der Lehre der Apostel fest und an der Gemeinschaft,
am Brechen des Brotes und an den Gebeten. Alle wurden von Furcht ergriffen;
denn durch die Apostel geschahen viele Wunder und Zeichen“ (Apg 2, 37-43).
Tatsächlich braucht es in unserer Welt von heute nicht
viel, um Pfingsten ausbrechen zu lassen. In unseren Familien und Gemeinschaften,
aber ach, dieses Wenige ist grundlegend: die Verbundenheit im Leben und im
Gebet mit der Muttergottes im Abendmahlssaal; die Reue, gegebenenfalls durch
das Wasser der Taufe und für jene, die nach der Taufe durch die Sünde gefallen
sind, durch die Tränen der Busse, durch das Sakrament der Versöhnung. Der wahre
Sinn der Wallfahrt zu einem marianischen Heiligtum, wie hier nach Maria
Vesperbild, ist jener, durch das Gebet und die Busse den Faden wiederzufinden,
der uns zu jenem Abendmahlssaal zurückführt, der ganz nahe bei uns Zuhause ist.
Ich meine damit die Pfarrkirche und die Stube unseres eigenen Hauses, die
eucharistische Orte sein müssen und intime Orte, wo wir in Gemeinschaft mit der
Jungfrau Maria Herz, Augen und Ohren bereiten können, um jenes Brausen
ausbrechen zu lassen, das die Gute Nachricht in die ganze Welt verkündet hat.
Die Modernität, die Leere unserer Gegenwart möge sich
durch das marianische Gebet verändern, durch das beharrliche Warten auf dieses
Brausen, das die Wiederkehr des Menschensohnes auf den Wolken des Himmels
ankündigt.