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Tuesday, September 11, 2018

Perfection - A Work in Progress, after the Heart of the Mother of God





St. Pelagiberg, 11. September 2018,
Konferenz für die Schwestern

Geweihtes Leben – Institute der Vollkommenheit

Ich muss bekennen, dass ich eine gewisse Ratlosigkeit spürte und vielleicht immer noch habe bezüglich dem grundlegenden Sinn des Geweihten Lebens. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich dabei um apostolisches, monastisches oder kontemplatives Leben handelt. Mein Ratlosigkeit betrifft also die Frage: „Was bedeutet es, zu einem Institut der Vollkommenheit zu gehören?
“Perfectae Caritatis” – Vollkommenheit der Liebe – so heisst das Dekret des 2. Vatikanischen Konzils über die zeitgemässe Erneuerung des Ordenslebens. Was bedeutet es, einem Institut anzugehören, welches sich dem Streben nach vollkommener Liebe auf dem Weg der im Leben und in der Lehre des Herrn begründeten evangelischen Räten (Armut, Gehorsam, Ehelosigkeit) verpflichtet hat. Worin besteht, abgesehen von der Nachfolge Christi, dem vollkommenen Menschen, wahrer Gott und wahrer Mensch, die Suche nach Vollkommenheit. Worin besteht die Vollkommenheit des Ordenslebens?
Wenn ich in meinem Leben dem Jesus in seinem Leben gleichen kann, besonders in seinem Leiden und Sterben am Kreuz, kann ich dann sagen, mein Leben sei so perfekt wie das seine perfekt ist? Die grossen Heiligen der Kirche liefern mir unzählige Vorbilder für meine Suche nach einem vollkommenen Leben. Die heiligen Gründer und Gründerinnen sind für die Schwestern und Brüder, Mönche und Nonnen aller Ordensgemeinschaften ein Ansporn nicht nur für ein heiligmässiges Leben, sondern auch für ein Leben entsprechend dem Charisma der eigenen Gemeinschaft.
Das ist also das Hauptkriterium für die Kirche, wenn sie das Charisma einer neuen Gemeinschaft prüfen muss. Sie muss es untersuchen und dann darüber entscheiden, ob das neue Institut, entsprechend der aktuellen Gegebenheiten an einem bestimmten Ort für die Kirche hilfreich ist und ob das Leben im Institut für die Mitglieder des Institutes lebbar ist. Die Kirchenleitung muss entscheiden, ob und inwiefern das neue Institut eine Gabe des Heiligen Geistes ist, dem Willen Christi entspricht und den Mitgliedern hilft, das Antlitz Christi lebendig vor der Welt aufscheinen zu lassen.
Die Anerkennung eines Ordensinstitutes als Einrichtung der Kirche beinhaltet ein Urteil, einen Prozess der Unterscheidung, welcher die Kirche als ganze betrifft und welche daher nicht einfach ist. Es kommt hinzu, dass die Aufgabe, ein Charisma zu beurteilen nicht einfach allen zukommt, sondern dass diese Aufgabe denen zufällt, die dazu bestimmt sind, in letzter Instanz natürlich dem Papst. Aber lassen wir dieses wichtige Thema einmal beiseite und wenden wir einfacheren Dingen zu: Wir wollen das Leben Marias betrachten und um es zu tun beginne ich, indem ich zwei Verse aus dem zweiten Kapitel des Lukasevangeliums zitiere. Nachdem Maria und Josef den zwölfjährigen Jesus im Tempel mitten unter den Gesetzeslehrern wiedergefunden haben, schliesst die Perikope mit den Worten:
Dann kehrte er mit ihnen nach Nazareth zurück und war ihnen gehorsam. Seine Mutter bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen. Jesus aber wuchs heran und seine Weisheit nahm zu und er fand Gefallen bei Gott und den Menschen.” (Lukas 2:51-52)
Die Geschichte unserer Rettung durch die Person Jesu Christi wird erzählt mit ganz menschlichen, alltäglichen Worten, zuweilen sogar mit einer unbestreitbaren Portion Häuslichkeit. Die Geheimnisse Gottes zeigen sich in den klassischen familiären Beziehungen. Maria betrachtet das Geheimnis Gottes in ihrem zwölfjährigen Sohn und die Beziehung zum ewigen Gott entwickelt sich in Zeit und Umständen der Entwicklung dieses braven Jungen, der heranwuchs und dessen Weisheit zunahm und der Gefallen fand bei Gott und den Menschen.
Seine Mutter bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen.
Es ist wichtig, dass wir uns vor Augen halten dass sich dieses alles, was geschehen war immer um den Gottmenschen Jesus Christus bezieht. Es geht dabei nicht um die Banalitäten, Gedanken und Gefühle, die uns Menschen dann und wann beschäftigen und über die Thomas von Kempis gesagt hat:
Die Gedanken und Gefühle der Menschheit sind instabil und sehr unterschiedlich, und diejenigen, die nicht von Gott kommen sind verdorbene und wertlos. O Menschenherz, voller Wünsche und nie zufrieden! Wie bitter und falsch ist es für Sie, ihr Gott aufzugeben. Warum betrachten Sie so viele dumme Dinge, die völlig unfähig sind, Sie zu trösten oder zu sättigen?
Maria besitzt, wie die Evangelien uns berichten, die Eigenschaft, dass sich bei ihr alles um ihren Sohn dreht. In ihrem Herzen bewahrte sie alle Gedanken und Erfahrungen, die mit ihrem Sohn, dem Menschgewordenen Gott, in Zusammenhang stehen. Maria hat Jesus in ihrem unbefleckten Herzen bewahrt ganz ähnlich wie das jede Mutter mit ihrem Kind tut. Aber das Objekt, das sie bewahrte, war ein völlig anderes: Sie bewahrte in ihrem Herzen das, was Gott mitten unter uns tat.
Keine menschliche Person ist Jesus je näher gestanden als Maria. Das betrifft nicht nur ihre Nähe als natürliche Mutter, sondern auch ihre Nähe durch ihren Glauben, ihre Hoffnung, ihre Liebe und ihr auf den in Christus gegenwärtigen Gott konzentriertes Leben. Es ist diese Glaubenswahrheit, welche Maria für uns nachahmenswert macht. Dieses Verständnis und diese Sympathie für den Sohn bringt die Perfektion mit sich, welche uns ermutigt, ihrem Beispiel zu folgen auch wenn wir wissen, dass wir es nie genau so machen können, wie es nur die Immaculata konnte. Die Nähe Marias zu Jesus zeigt sich besonders auch in der Kreuzigungsszene, genauer gesagt bei Maria als „Pietà“. Das illustriert besonders schön ein Bild der Kreuzabnahme von Rogier Van der Weyde: Hier entspricht Maria sogar in den physischen Zügen ihrem Sohn. Der Leblose Körper des Herrn wird vom Kreuz genommen und Maria fällt in Ohnmacht zu Boden. In diesem Sinne möchte ich sagen, dass die Vollkommenheit in Jesus besteht und die wesentliche Berufung zur Vollkommenheit darin, dass wir Maria nachfolgen, welche ganz gleichförmig und mitleidend mit ihrem Sohn für das Heil der Welt lebt. Ich sage das ganz einfach, um anzuzeigen, dass Golgota der Höhepunkt genauso für den Sohn wie auch Höhepunkt für die Mutter ist. Die Mutter Gottes aber lebt ihre Berufung vor allem im Alltag, im Häuslichen und zwischenmenschlichen Umfeld.
So ist es auch im Ordensleben, welches von seiner Art her marianisches Leben ist. Die Vollkommenheit ist für uns, und besonders auch für die geweihte Seele, das Bemühen, unser Herz in der Absicht, im Willen in der Wahl und in dem was uns bewegt dem unbefleckten Herzen Marias gleichförmig zu machen. Und das tun wir nicht nur durch unser Gebet sondern auch durch die im Schweisse unseres Angesichts geleistete Arbeit, durch ora et labora. Es hat in der ganzen Kirchengeschichte nie ein Institut der Vollkommenheit gegeben, welches nicht wenigstens einen kleineren oder grösseren Teil manueller Arbeit als wesentliches Element in sich trug: Seine Mutter bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen.
Das Betrachten des und verinnerlichen des Lebens des geliebten Herrn ist die allen Getauften gemeinsame Berufung und daher auch zentraler Punkt beim geweihten Leben. Diese Betrachtung soll natürlich und nicht aufgezwungen sein. Das ist eine der Schlussfolgerungen, die ich aus der Lektüre z.B. der Tagebücher der Hl. Faustina, der grossen Förderin der Verehrung der göttlichen Barmherzigkeit, gezogen habe. Schwester Faustina lebte ganz aus ihrem Herzen heraus, einem Herzen, das ganz von den Dingen Gottes erfüllt war, ein Herz, das in ständigen Dialog mit Jesus war, mit seiner Mutter, mit andern Heiligen und auch mit den Seelen im Purgatorium, dem Fegefeuer. Das Leben der Hl. Faustina, der geliebten Tochter Jesu, ist stark geprägt von der Tugend der Demut. Wie die Hl. Rita von Cascia gab es auch bei der Hl. Faustina wirklich nichts, mit dem sie sich hätte rühmen können. Trotzdem können wir an ihrem Leben sehen, wie sehr Gott an und mit ihr für das Heil der Seelen gewirkt hat, dafür, dass viele die Grösse der göttlichen Barmherzigkeit kennenlernen können. Ein demütiges und reumütiges Herz, wirst du, oh Gott nicht verschmähen. Vielleicht rühren meine Schwierigkeit mit dem Begriff der Vollkommenheit daher, mit den vielen a priori, mit denen mein Verständnis des Begriffs der Vollkommenheit verbunden ist. Und so stehe ich vor einem weiteren Grund, der mich dazu drängt, meine Anstrengungen zu verstärken, um Maria, der demütigen Dienerin des Allerhöchsten, nachzufolgen.
Ich habe den Eindruck dass meine Absicht, diese bescheidene und zugleich tiefe Vision des christlichen und zugleich auch des geweihten Lebens zu fördern, hier in der Schweiz und ein wenig in ganz Mitteleuropa oft auf wenig Verständnis oder gar auf Widerspruch stösst. Ich will damit sagen, dass der Gedanke, Heiligkeit und vollkommene Gottesverehrung auf dem Königs-Weg der Demut, auf dem schmalen Weg und durch die enge Türe zu suchen, dem Empfinden der Mehrheit widerspricht. Exponenten dieses Widerspruchs gegen meine Vision einer Kirche mit Maria und Jesus im Zentrum gibt es in einem Teil des “establishment” oder des “mainstream”. Es gibt sie leider nur zu oft unter den Laien mit akademischen Titeln aber auch unter Klerikern und sogar unter den Bischöfen. Sie behaupten, die Verkündigung der Kirche entspreche nicht den Erfordernissen unserer Zeit. Daher sind sie unzufrieden mit der Kirche. In Wirklichkeit sind sie selbst Modernisten, entweder offensichtlich und erklärt oder aber durch die Art und Weise ihres Lebens und Redens. Sie lehnen das Ideal einer Gemeinschaft ab, welches die Gottesmutter Maria als zentrales Vorbild hat. Sie berufen sich auf die kirchliche Verwaltung, welche fachlich kompetent zu sein hat und von ihnen, den «Kompetenten», also mit entsprechenden Titeln ausgestatteten, Männern und Frauen geleitet wird. Programme und Kriterien der Effizienz, vielleicht auch Genialität, scheinen mehr zu zählen als die lebendige Beziehung zu Mutter und Sohn. Dabei ist gerade die persönliche Beziehung zu Jesus und Maria entscheidend, um, zum Heil der Welt, das Leben jener zu erhellen, die in der Finsternis leben.
[Vorsicht. Ich möchte mich beschränken auf das Thema des geweihten Lebens, auf die Institute der Vollkommenheit, auf die geweihten Personen, welche nicht dazu berufen sind, in der Kirche Leitungsaufgaben wahrzunehmen, sondern nach dem Vorbild Marias die Kirche zu beleben.]
Ich denke an Maria bei der Verkündigung, an Maria die Gottesgebärerin, an Maria bei der Hochzeit zu Kana, ich denke an Maria auf dem Kalvarienberg, an Maria betend inmitten der Jünger im Obergemach nach der Himmelfahrt des Herrn. Die bedauernswürdigen Erfinder unserer Tage lehnen nicht nur die Bedeutung des Weihesakramentes, sondern auch das Wehen des Heiligen Geistes welches in den Evangelischen Räten und in einem Verzicht um des Himmelreiches willen aufleuchte – im Geweihten Leben.
In seiner Predigt in der Messe mit den Schweizer Bischöfen in der Kapelle "Redemptoris Mater" hat Papst Benedikt XVI. am Dienstag 7. November 2006 auf einen Missstand in der Kirche hingewiesen und schlägt den Bischöfen und Priestern zugleich ein Heilmittel vor. In der Mitte dieses Heilmittels steht tatsächlich das geweihte Leben. Ausgehend vom Gleichnis, bei dem die Erstgeladenen die Einladung zum Hochzeitsmahl abgelehnt haben, nennt Papst Benedikt als erste Pflicht für Priester und Bischöfe – und ich möchte anschliessen auch für die Ordensleute – die Pflicht die Freuden Gottes zu kennen und bekanntzumachen. Hier ein paar Zeilen aus der Predigt von Papst Benedikt:
“Es geht um die Zentralität Gottes, und zwar nicht irgendeines Gottes, sondern des Gottes mit dem Gesicht Jesu Christi. Das ist heute wichtig. Es gibt so viele Probleme, die man auflisten kann, die alle gelöst werden müssen, die aber alle nicht gelöst werden, wenn nicht im Zentrum Gott steht, neu sichtbar wird in der Welt, maßgebend ist in unserem Leben und durch uns auch maßgebend in die Welt hineintritt. Daran, denke ich, entscheidet sich heute das Geschick der Welt in dieser dramatischen Situation: ob Gott da ist – der Gott Jesu Christi – und anerkannt wird, oder ob er verschwindet…
„Wenn wir in diese seine Gesinnungen eintreten, anfangen, uns in sie einzuüben, daß wie er und mit ihm denken, dann erwacht in uns die Freude an Gott, die Zuversicht, daß er dennoch der Stärkere ist, ja, wir dürfen sagen: die Liebe zu ihm. Wir spüren, wie gut es ist, daß er ist und daß wir ihn kennen dürfen – daß wir ihn im Angesicht Jesu Christi, der für uns gelitten hat, kennen.”
Nachfolge Marias! In Glaube, in Liebe und in der Hoffnung immer auf den Bräutigam ausgerichtet, auf ihren Sohn Jesus und unsern Bruder.
Kehren wir zu meinen Schwierigkeiten mit dem Begriff der Vollkommenheit zurück. Vielleicht hängt mein Befremden mit der Definition dessen, worin ein Institut der Vollkommenheit besteht gerade damit zusammen, dass diese Sache gar nicht ganz fassbar ist. Vielleicht reichte es, einzugestehen, dass das Werk zur Förderung der Vollkommenheit immer eine offene Baustelle sein wird. Es sind nicht Institute, die aus perfekten, vollkommenen Menschen bestehen, sondern um Menschen, welche in aller Demut den Königsweg wählen. Jeden Tag beginnen sie von neuem, besser Christus nachzufolgen. Vielleicht kommt die Schwierigkeit auch daher dass wir nicht genau verstehen, worin die Vollkommenheit Marias besteht.
Während meiner diesjährigen Exerzitien verbrachte ich einige Zeit damit, darüber nachzudenken, welche Tugenden wir besonders fördern sollten, um unsere Laster zu überwinden. In der Folge habe ich ein paar Bücher über die Geissel der Faulheit, über die geistliche Faulheit, dieses alte Laster der Mönche, Nonnen und Asketen. In der Geschichte der Spiritualität wird die Trägheit immer dargestellt als eine Kapitulation vor dem Teufel. Aus Mangel an Liebe zum Bräutigam weicht der faule Asket dem Kampf gegen die Versuchungen des Feindes aus und gibt sich der Traurigkeit oder den falschen Tröstungen hin.
Evagrius Ponticus war der grosse Lehrer in Bezug auf die geistige Faulheit und die Wege, wie sie bekämpft werden kann. Von ihm können wir ganz besonders lernen, was das Besondere des monastischen Lebens zur Zeit der Wüstenväter war: In der Zelle auszuharren, sich der handwerklichen Arbeit und dem Gebet zu widmen. Dieses Konzept wurde vom Hl. Benedikt mit dem Prinzip der stabilitas loci in seine Regel aufgenommen, also mit dem Prinzip, nicht hierhin und dorthin zu rennen, sondern ruhig im Haus zu bleiben.
Die Acedia, die geistliche Trägheit, kann betrachtet werden als die Wurzel all dessen, was im Leben eines Mönches – und daher in jedem Ordensleben, bei jedem Priester oder jedem Getauften – schief gehen könnte. Perfectae Caritatis! Ja, vielleicht verstehe ich jetzt, warum man von Instituten der Vollkommenheit spricht und warum man zur Nachfolge der Mutter Gottes einlädt. Ausser der Liebe Jesu gibt es in der Welt keine grössere Liebe als diejenige Marias. Wenn wir uns mit aller Kraft darum bemühen, Maria in der Liebe nachzufolgen, dann machen wir wirklich das sinnvollste, was es in der Welt zu tun gibt.
Um diese vollkommene Liebe zu entflammen, welche uns rettet und welche uns in unserer Berufung vervollkommnet, empfiehlt uns die Tradition die „Lectio divina“ und das Gebet. Wenn wir Christus auch im 21. Jahrhundert nachfolgen wollen und ein wirklich christliches Leben führen wollen, ein Leben in Gemeinschaft mit Gott, Jesus, der Mutter Gottes und den Heiligen, dass ist es eine Bedingung sine qua non, das heisst dann können wir nicht anders, als Menschen des Gebetes zu sein. Ja, das Gebet lenkt die Gedanken zu Gott. Entsprechend meiner heutigen Gedanken könnte man noch präziser sagen, dass das Gebet in der Gemeinschaft mit dem dreifaltigen Gott hält entsprechend dem Vorbild der demütigen Magd, der unbefleckten Gottesmutter Maria. Genau deswegen ziehe ich den Begriff der Lectio Divina dem des Studiums der Heiligen Schrift vor. Die Lectio Divina legt die Gewichtung auf das Wort Gottes, welches Frucht trägt nicht nur in guten Vorsätzen, sondern in der Konzentration auf Gott selbst, das „Objekt“ unserer Gedanken. 
Wenn man von einer Fehlentwicklung der letzten ungefähr hundert Jahre sprechen kann, dann wohl vor allem im Bereich des geistlichen Lebens. Im geistlichen Leben, besonders im Leben der Priester, hat sich eine gewisse Äusserlichkeit eingeschlichen, welche zu einem Mangel an Herzlichkeit im Gebetsleben führte. Wir leben nicht mehr wie Maria mit Jesus im Herzen. Viele Aufgaben rauben uns die Zeit für das Wesentliche, für die Zeit, die wir in Gemeinschaft mit Jesus verbringen. Perfectae Caritatis! Wo immer wir sind, bei der Arbeit, in der Kapelle, überall. Das Wesentliche ist, in Gemeinschaft mit Jesus zu sein.
Die heilige Faustina war eine kontemplative Seele. Ich weiss wirklich nicht, ob ich das auch bin. Vielleicht spielt es auch gar keine Rolle. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass alle Getauften, wenn sie Maria nachfolgen in der Betrachtung des geliebten Sohnes, die erwünschte Vollkommenheit erreichen können. Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam! Ja! Alles für unseren Herrn zusammen mit Maria, der Mutter Gottes.
Ob wir Männer oder Frauen sind, das spielt keine Rolle. Die Mitte unserer Gedanken und das Ziel unseres Lebens (la raison d’être) kann sich nicht sehr voneinander unterscheiden – oder überhaupt nicht. Wenn wir nach etwas wirklich vollkommenem streben, dann leben wir in der Nachfolge Marias, der Mutter Gottes.
 [“When I was left alone with the Blessed Virgin, She instructed me concerning the interior life. She said, The soul’s true greatness is in loving God and in humbling oneself in His presence, completely forgetting oneself and believing oneself to be nothing, because the Lord is great, but He is well-pleased only with the humble, He always opposes the proud.” (from Notebook VI of the Diaries of St. Faustina)]


PROPERANTES ADVENTUM DIEI DEI


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