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Friday, September 6, 2019

The Family as a "locus theologicus"



Hochamt zum Fest Mariä Geburt
Abtei Mariastein - 8. September 2019
Micah 5: 1-4a
Römer 8: 28-30
Matt 1:18-23

Gelobt sei Jesus Christus!

„…denn diejenigen, die er im Voraus erkannt hat, hat er auch im Voraus dazu bestimmt, an Wesen und Gestalt seines Sohnes teilzuhaben, damit dieser der Erstgeborene unter vielen Brüdern sei.“

        Mariä Geburt: wir feiern heute etwas ganz Familiäres – den Geburtstag von Maria. Zugleich aber feiern wir etwas ganz Geheimnisvolles, ein mit der göttlichen Vorsehung verbundenes Ereignis! Wenn ich eine Bitte oder einen Wunsch an Gott richten könnte für die Abtei von Mariastein und für alle, die heute hier versammelt sind, ja eigentlich für die Kirche in der Schweiz, dann wäre es dies: Ein neues und vertieftes Bewusstsein für die zentrale Bedeutung welche die Familie für die Verkündigung des Evangeliums hat. Durch die Betrachtung des Geheimnisses der Geburt der Jungfrau Maria können wir alle besser verstehen, welche Bedeutung die katholische Kirche hat für den Heilsplan Gottes für die Welt. Leider hören wir zu oft von Führungsmodellen aus der Wirtschaft oder Politik, welche die Gottesmutter nur zum Erstaunen führen konnten. Schauen wir einfach lieber auf das Kind Maria.

        Von Zeit zu Zeit lese ich in einer englischen Sammlung der Schriften des Heiligen Maximus dem Bekenner. Mir scheint, dass dieser Heilige sehr oft Dinge schreibt, die einfach dem gesunden Menschenverstand entsprechen und die grundlegenden Erfahrungen von vernünftigen Menschen wiederspiegeln. So spricht er zum Beispiel von der Tugend der Demut und sagt: Ein Mensch kann sich sehr wohl für demütig halten, aber wenn er sich zugleich kritisch äussert über die Fehler und Unvollkommenheiten seines Nächsten, dann ist er ganz und gar nicht demütig. Er versteht schlicht und einfach nicht, dass die Tugend der Demut immer ein Geschenk Gottes ist. Ich bin niemals demütig aus eigenem Verdienst, sondern einzig und allein durch die Gnade Gottes. Wenn wir also auf den Hl. Maximus hören, dann ist es durchaus so, dass unser Nächster weniger gut sein kann als wir selber, aber diese Tatsache darf für uns nie Gelegenheit sein, den andern zu kritisieren. Die Tatsache, dass ich in einem Bereich besser bin als der andere, besagt einzig und allein, dass der Allmächtige, zumindest für den Augenblick, dem andern nicht die gleichen Gnaden gewährt hat. Meine Kritik hingegen beweist dagegen, dass ich mich als etwas Besseres fühle als der andere und somit meinen Hochmut. Mein kritischer Geist ist also vor allem Ausdruck meines Stolzes und meiner Undankbarkeit Gott gegenüber.

        So wie es mit der Tugend der Demut im Leben des einzelnen Christen steht, so ist es auch mit dem kirchlichen Leben. Ein Eifer, der von Kritiklust begleitet ist, ist tatsächlich schädlich oder gar sündhaft. Die kirchlichen Aktivitäten, welche nicht die Heiligkeit und die Bekehrung der Herzen fördern bringen meist Streit und Unbehagen hervor. Viele Massnahmen, die ergriffen werden, um die kirchlichen Angebote zu fördern oder effizienter zu gestalten, sind oft fern von dem, was Gott will um alles zu Christus zu führen. Demut!

„Meine Seele preist die Größe des Herrn, und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter. Denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut. Siehe, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter.“ 

Die Geburt des Kindes, der zukünftigen Mutter Gottes, der vom Augenblick ihrer Empfängnis von der Erbsünde bewahrte Jungfrau widerspiegelt die absolute Gnade, mit der Gottvater uns liebt und von Ewigkeit her geliebt hat. Es wäre besser, wenn wir den Akzent auf diesen Aspekt der Wirklichkeit legen würden, auf das Wirken der Göttlichen Vorsehung in unserem Leben. Maria ermutigt uns dazu in ganz familiärer Weise durch das Geheimnis ihrer Geburt genauso, wie sie es auch am Ende ihres irdischen Lebens tut.

Ich muss gestehen, dass ich immer mehr begeistert bin von diesem Aspekt der familiären Schlichtheit der Sendung der Kirche. Die Kirche erfüllt ihre Sendung nicht so sehr durch die hierarchischen Strukturen, also auf bürokratischem Weg, sondern vielmehr durch die direkten und einfachen Beziehungen und Begegnungen in unseren Familien, unseren Gemeinschaften und unter den freundschaftlich verbundenen bekannten. Um es deutlich zu sagen: Wenn wir den Schwerpunkt auf die Strukturen legen – den Pfarreirat, den Kirchgemeinderat, oder was auch immer, dann ist das einfach irreführend. Die sogenannte „kleine Kirche“ muss unser Ausgangspunkt sein. In erster Linie und vor allem hier begegnen wir Menschen, die im alltäglichen Leben die gnadenhaft geschenkte Liebe Gottes widerspiegeln. Diese Liebe, die uns geschenkt ist in Jesus, den eingeborenen Sohn des Vaters, in allem uns gleich ausser der Sünde, der in einer Familie geboren wurde und aufgewachsen ist, in einer Familie, die die Keimzelle der Kirche ist.  

Maria, das kleine Kind! Im Bemühen um Reinigung und Erneuerung der Kirche beginnen viele mit einer Erneuerung der Strukturen. Dabei wird diesen Strukturen eine viel zu grosse Bedeutung beigemessen. Ich will den hierarchischen und strukturellen Aspekt der Kirchen nicht schlecht machen, aber es ist wichtig, ihn im Dienst des Reiches Gottes zu sehen. Die Familie ist ein wirklicher locus theologicus, der oftmals die Vorstellungen der Hierarchie herausfordert und die vom Untergang bedrohten Strukturen aufrüttelt.

Ich denke hier besonders auch an das Beispiel der wirtschaftlich schwächsten Kirchen. Ihre Lebendigkeit kann uns einen Anstoss geben, unsere Situation zu überdenken oder zumindest das Problem der mangelnden Materiellen Grundlagen in den richtigen Proportionen zu sehen. Vielleicht ist das Beispiel etwas komisch, aber ich finde immer wieder zum Nachdenken im Film „Balduin der Trockenschwimmer“ von Louis de Funès aus dem Jahre 1968. In der Szene mit der Predigt am Ambo der Kirche „Notre Dame im Durchzug“ sieht man die baufällige und renovationsbedürftige Kirche in einem französischen Dorf und wird sich bewusst: Es spielt gar keine Rolle, ob sie einstürzt oder nicht. Es bleiben dieselben menschlichen Handlungsträger welche unsere Aufmerksamkeit verdienen: Der Priester, der Organist, die Ministranten und die Gläubigen.  

Die grosse Kirche ist eine Kirche, die vielleicht viel weniger Erneuerung braucht, als wir denken. Es sind unsere Herzen, die sich wandeln müssen.

„…denn diejenigen, die er im Voraus erkannt hat, hat er auch im Voraus dazu bestimmt, an Wesen und Gestalt seines Sohnes teilzuhaben, damit dieser der Erstgeborene unter vielen Brüdern sei.“

Ich denke an die Geschichte der Benediktiner, welche in den vergangenen 1500 Jahren wohl so alles erlebt hat, was man erleben kann: Jahre, Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte der Dürre und Erbärmlichkeit wechseln mit Zeiten des Aufblühens und des Wohlstandes, ja Zeiten, wo wirklich die Herrlichkeit der Kirche sichtbar wird. Manchmal gleicht die Geschichte eines einzelnen oder einer Gemeinschaft dem Flug eines Drachens mit seinen Auf und Ab. Zu unterscheiden zwischen der äusseren Erscheinung und dem inneren Gehalt ist nicht einfach und vielleicht steht es uns nicht einmal zu. Ich glaube, dass die Welt heute vor allem unser „Magnificat“ braucht, das demütige Bekenntnis des Wirkens Gottes in unserem Leben.

Maria Geburt! Freuen wir uns immer, aber besonders heute am Kern des Projektes der Göttlichen Vorsehung für die Rettung der Welt. Legen wir unser Leben in die Hand des Kindes, welches dazu bestimmt ist, den Retter der Welt in die Welt hineinzutragen.

Gelobt sei Jesus Christus!

PROPERANTES ADVENTUM DIEI DEI



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