Fest des Unbefleckten Herzens
der Allerseligsten Jungfrau Maria
22. August 2020 - St. Anton, Basel
Sir 24, 23-31
Joh 19, 25-27
Gelobt sei Jesus Christus!
Im Secret
der heutigen Messe beten wir so:
“Da wir, Herr, Deiner Majestät das makellose Lamm darbringen, bitten
wir, dass jenes göttliche Feuer unsere Herzen entzünde, welches das Herz der
seligen Jungfrau Maria auf unaussprechliche Weise entflammt hat.“
Ich erinnere
mich noch gut daran, wie mein Heimatbischof in den Vereinigten Staaten, ein
Mann mit einem grossen Herzen, fromm und Gottesfürchtig, ein Bild vom
Heiligsten Herzen Jesu suchte, welches er drucken lassen wollte, um es an die
Gläubigen weiterzugeben für die Feier der Herz-Jesu Thronerhebung in den
Familien der Diözese. Mit dieser Aktion und mit vielen anderen ähnlichen suchte
er nach Wegen, um den Glauben der Menschen zu erneuern gerade dadurch, dass er
beim Gebet in der Familie zu Hause anfing. Die Zeiten haben sich seither
gewaltig verändert. Damals traute sich der Bischof nicht, ein klassisches
Herz-Jesu-Bild zu verwenden, weil er fürchtete, die Leute könnten sich dadurch
nicht angesprochen fühlen. Heute haben wir diese Probleme nicht mehr. Die
klassischen Bilder von anno dazumal gefallen sogar der jüngeren Generation (das
heisst den unter vierzig-jährigen). Wenn ich mich richtig erinnere, so hat mein
Bischof damals, nachdem er viele moderne und abstrakte Bilder begutachtet
hatte, sich für ein schönes Herz-Jesu-Gemälde aus dem 18. Jahrhundert
entschieden. Er schenkte jedem Haushalt in der Diözese eine Farbkopie von
diesem Bild und eine mit einem Bild der Marias mit ihrem unbefleckten Herzen.
Auch wenn
unser Herz nicht ein unbeflecktes ist wie dasjenige der Jungfrau Maria, so
bitten wir den Herrn heute, an diesem Festtag in besonderer Weise, unsere
Herzen mit derselben Liebesglut zu entzünden, mit der das unbefleckte Herz
Marias erfüllt war. Mit Nachdruck möchte ich auf die zentrale Bedeutung der Verehrung
des unbefleckten Herzens Marias für unseren Glauben hinweisen. Diese Verehrung
führt uns mit Sicherheit zum Verständnis der Natur und des Wesens der Kirche
und unserer persönlichen Berufung als katholische Christen. Die Menschen
unserer Tage meinen, sie könnten die Kirche verstehen aufgrund der Strukturen, ihrer
Organigramme der sozialen Einrichtungen und der Hierarchie. Es ist natürlich
wahr, dass die sichtbare Struktur der Kirche hilft, ihr inneres Wesen erfahrbar
zu machen. Wir können nicht auf die Sichtbarkeit der Kirche verzichten. Aber
wir dürfen nie vergessen, dass es ist der Heilige Geist, der im Herzen der Kirche
und eben auch im Herzen jedes einzelnen Gläubigen wirkt. Es ist genau dieses
Wirken Gottes, seine Gnade, welche den mystischen Leib Christi belebt. Die
gesellschaftlichen und hierarchischen Strukturen der Kirche alleine können
niemals die Tugend des Glaubens, die tätige Nächstenliebe und die Hoffnung,
welche allein in Gott gestillt werden kann, ersetzen. Die Eigenart einer Rede
über das Herzen Marias ist vor allem die, dass diese Rede unseren Glauben nährt
und belebt. Es steht ausser Zweifel: Die konkreten Strukturen sind absolut
notwendig, aber der Weg zu Christus und zum ewigen Heil führt durch das Herzen
Marias ins Herz der Getauften um dann im grossen Ozean der Göttlichen Liebe einzutauchen.
Alles andere dient und fördert nur diesen inneren Dialog der Liebe.
Der Heilige
Lorenzo Giustiniani, (er lebte von 1381 – 1456 und war der erste Patriarch von
Venedig) hat den Unterschied zwischen dem Alten und dem Neuen Bund gerade mit
dem Begriff des Unbefleckten Herzens Marias behandelt. Er legte grossen Wert
darauf, dass das eigentlich akzeptierbare Opfer, dargebracht mit reinem Herzen,
nicht dasjenige war, welches im von Menschenhand und aus Steinen erbauten Tempel dargebracht
wird, sondern jenes, welches im Tempel unsers Herzens dargebracht wird, wo
unser Herr Jesus Christus in seiner Güte Wohnung genommen hat. Sicher, der
Besuch dieser schönen Kirchengebäude schenkt uns viel Trost. Aber diese Gebäude
dienen nur insofern sie das geistige Haus unterstützen. In diesem Sinne spricht
man von der Kirche als ein aus lebendigen Steinen erbautes Haus. Das Neue Jerusalem
aus der Offenbarung des Johannes ist auf dem Fundament der Apostel gebaut und wird
erleuchtet von der Gegenwart Gottes, welche die Stadt Gottes erfüllt, die
keinen andern Tempel hat als ihren Herrn und Gott.
Kehren wir
zurück zum heutigen Fest. Die Schönheit und der Kerngehalt dieses Marienfestes finden
wir in der Lesung des heutigen Festes. Die Kirche deutet diesen Vers im 24.
Kapitel des Buches Jesus Sirach so, dass sich in Maria, besonders in ihrem
unbefleckten Herzen, die Fülle der Weisheit Gottes wohnt:
“Ich bin die Mutter der schönen Liebe und der Gottesfurcht, der
Erkenntnis und der heiligen Hoffnung… Die mich aufleuchten lassen, erlangen das
ewige Leben.”
Vor kurzem
wurde mir in einem Videointerview die Frage gestellt: „Wie können wir die
pastoralen Dienste für die Zukunft garantieren in Anbetracht der
wirtschaftlichen und sozialen Krise sowie der daraus resultierenden
Finanzeinbussen, welche durch den von den zivilen Behörden zur Bekämpfung des
COVID-19 Virus verordneten „Lockdown“
entstanden sind?“ Die zuständigen Behörden haben uns während mehr als zwei
Monaten alle Aktivitäten in unseren Kirchen und kirchlichen Zentren verboten.
Vielleicht hilft uns das nun, leichter über unsere pastoralen Prioritäten
nachzudenken und zu entdecken, was für ein gutes Glaubenszeugnis heute
notwendig ist. Ist der schöne Kirchturm in der Mitte des Dorfes wirklich so
entscheidend? Was bringen uns die demokratischen Strukturen in der Kirche, wenn
die Gläubigen keine Messe mehr haben und nicht mehr zur Beichte gehen können?
Was hilft die Jugendarbeit den Eltern, wenn diese nicht mehr wissen, dass sie
als erste dazu berufen sind, die Herzen ihrer Kinder für die Liebe Gottes zu
öffnen. Ist es nicht eher, dass dies besonders durch ein vertrauensvolles
Verhältnis zur Jungfrau Maria geschieht? „Die
mich aufleuchten lassen, erlangen das ewige Leben.”
Wir können
und müssen von einer Glaubenskrise sprechen. Es fehlt das Wissen über den
Glauben. Es mangelt an gelebtem Glauben. Viele unterlassen es, die
Sonntagsmesse zu besuchen und auch regelmässig zu beichten. Es ist eine
traurige Tatsache, dass viele nicht wirklich aus dem Gebet leben, d.h. dass sie
den Tag nicht gleich beim Erwachen dem Herrn anvertrauen oder sich zur Zeit des
Angelus dreimal täglich kurz dem Herrn zuwenden. Viele danken nicht für das
tägliche Essen oder pflegen weder den Rosenkranz noch die Gewissenserforschung
vor dem Einschlafen. Wir sollten immer in Gemeinschaft mit der Mutter Gottes
leben, unsere Herzen ausgerichtet auf das unbefleckte Herzen Marias: „Die mich aufleuchten lassen, erlangen das
ewige Leben.” Ja, das ist die wahre Weisheit.
Ist das für
einen „normalen“ Christen eine zu grosse Herausforderung? Wir können es nicht ehrlich
behaupten, wenn wir nicht wenigstens eine kleine Anstrengung unternehmen in
diese Richtung. Wir müssen wenigstens versuchen, ein solches Leben zu führen
und die Irrungen dieser Zeit zu überwinden und alles zu Christus unserem Erlöser
zu führen. Vom Herzen Marias zum Heiligsten Herzen des Sohnes und so bis vor
den Thron des Allerhöchsten.
„Die mich aufleuchten lassen,
erlangen das ewige Leben.”
Gelobt sei
Jesus Christus!
PROPERANTES ADVENTUM DIEI DEI