Podium: Aktuell: „Grösste Christenverfolgung seit
2‘000 Jahren!“ – Impulsreferate:
Die Christenverfolgung/bzw. Diskriminierung
prioritär im
Westen
In diesen Tagen ist mir durch den Kopf
gegangen, wie gut wir es doch hier haben: „Wie dürfen wir uns tatsächlich
glücklich preisen, hier in der Schweiz und in Liechtenstein zu leben!“ In all
den Ländern um uns herum, in Frankreich, Deutschland, und, und, und … hören wir
von Gewaltakte gegen Glaubende Menschen, gegen Männer und Frauen der Kirche. Es
handelt sich dabei oft um Vandalismus und so weiter. Und hier bei uns – nichts
dergleichen. Das ist tatsächlich war. In Rücksprache mit dem Sekretariat der
Schweizer Bischofskonferenz habe ich, seit ich hier bin - das sind immerhin
schon mehr als dreieinhalb Jahre -, nie im jährlichen Bericht an den Rat der
Europäischen Bischofskonferenz von solchen Akten in meinem Gebiet berichten
müssen. Es gab nicht einen einzigen Fall von Gewalt oder antichristlicher Diskriminierung
in der mir anvertrauten Zone.
Aber sind wir
tatsächlich auf einer Insel der Seligen? Die Diskussion über die Verfolgung der
Christen und besonders der Katholiken im Westen ist komplizierter als es
scheint. Die Frage lässt sich nicht einfach beantworten indem man eine Auflistung
von Bombenanschlägen, Schiessereien, verprügelter Personen oder Akten des
Vandalismus macht. Ich möchte nicht den Eindruck erwecken, überempfindlich zu
sein oder quasi mit der Lupe nach möglichen Delikten zu suchen. Aber wir dürfen
nie vergessen, dass der Teufel schon immer versucht hat, seine Angriffe gegen
die Braut Christi zu tarnen und zu verbergen. Er versucht das Martyrium
ambivalent darzustellen und das Zeugnis der Bekenner zu verdunkeln. Das war
schon immer so in der Geschichte und ist heute vielleicht noch mehr so, weil
wir heute unsern Glauben etwas anders leben als unsere Vorfahren und daher auch
unsere Verbindungen mit der Welt sich anders gestalten. Wir unterscheiden uns
ganz besonders von den Märtyrern und Bekennern des Glaubens, welche in den
ersten Jahrhunderten der Kirche gelebt haben, also von den Glaubenszeugen, die
vor dem Mailänder Toleranzedikt des Kaisers Konstantin gelebt haben. Im
Gegensatz zu diesen ersten Jahrhunderten gehen wir von einer vermuteten
Privilegierung der Kirche aus. Wir sind bekannt und unsere Denkmäler, Kirchen
und Kapellen sind überall gut sichtbar. Im Gegensatz dazu waren unsere
Vorfahren der ersten Jahrhunderte nach der Auferstehung des Herrn relativ
unbekannt in der Welt und lebten ihren Glauben im Verborgenen.
Das ist das
eine. Das andere ist der Relativismus, welcher die Öffentliche Diskussion im
Westen bestimmt. Dieser Relativismus unterdrückt uns tatsächlich. Unser klares
Zeugnis für Christus, als der eine Weg, die eine Wahrheit und das Leben für
alle widerspricht dem Relativismus, der vorgibt, es sei alles Gleichwertig. Da
unsere Position bekannt ist, wird uns in der Öffentlichkeit der Raum und die
Freiheit zum Zeugnis für den einen Herrn eingeschränkt oder gar verweigert. Aus
der Sicht des Martyriums und des Bekenntnisses des Glaubens wäre das eigentlich
noch nicht so schlimm. Aber das verheerende ist, dass diese Dynamik sich auch
und vor allem innerhalb der Katholischen Kirche abspielt. Ich denke da z.B. an
die Pflicht, welche alle haben, die die Erstkommunion gemacht haben, an Sonn-
und Feiertagen an der Messe teilzunehmen. Die Missachtung dieses Gebotes ist
eine Todsünde! Die Bedeutung unserer Pflichten wird so weit reduziert, dass
schliesslich die Notwendigkeit und Verpflichtung der Gebote ganz aus der
Katechese und der Glaubensverkündigung verdrängt wird. Dabei fällt nicht nur
die Kraft des Gebotes als Bedingung sine
qua non dahin, sondern die verschiedenen Glaubenssysteme und
Lebensphilosophien werden als sich ergänzende oder konkurrierende Wege
betrachtet. Dabei wird gesagt, dass sie alle mehr oder weniger gleichwertig für
den Menschen seien. Der in Christus gegenwärtige Gott ist weit in die Ferne
gerückt und praktisch total seiner einzigartigen Macht und Autorität beraubt.
In gewisser Weise verschwindet jeder Anspruch des Glaubens ganz aus unserem
Leben und wir befinden uns einfach auf einem Markt der Ideen und sogar wie der
arme Apostel Paulus der auf dem Markt der Götter, dem Areopag in Athen
versucht, das Interesse der Passanten auf den Altar des unbekannten Gottes zu
lenken.
Einige werden
sagen, dass wir einfach das Privileg verloren hätten, mit welchem wir uns über
die nichtglaubenden erhoben hätten. In Tat und Wahrheit wurden wir der
Möglichkeit beraubt, Zeugnis abzulegen für den Absolutheitsanspruch der Wahrheit.
Vielleicht schlägt uns (noch) niemand die Faust ins Gesicht, zündet niemand
unsere Kirchen an, aber ich könnte ihnen eine lange Liste aufzählen mit Fällen,
wo Christen einfach der Möglichkeit beraubt wurden, den von den Aposteln
überlieferten Glauben zu bezeugen. Das Drama des Westens konzentriert sich auf
die Verhinderung des freien Austausches von Ideen im öffentlichen Raum. Es ist
wie für Jesus in seiner Passion: Diejenigen, die uns ans Kreuz schlagen wollen
sind die Mächtigen – diejenigen die heute den Schriftgelehrten und Pharisäern
von damals entsprechen.
Die
Christenverfolgung ist im Westen also primär Diskriminierung? Sagen wir es so:
Was mir im Westen am meisten Sorge bereitet, sind diejenigen, welche sich
selbst das Adjektiv „katholisch“ zuschreiben unter der Bedingung, dass sie
selbst und nicht die Kirche bestimmen, was darunter zu verstehen ist. Sie geben
vor, Katholiken zu sein, aber sie verleugnen dabei Christus, den menschgewordenen
Gott, der allein Weg, Wahrheit und Leben ist.
PROPERANTES ADVENTUM DIEI DEI
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