Maria Geburt
08. September 2018, Rheinau
Gelobt sei Jesus Christus!
Bei den Heiligen feiert die Kirche vor allem den
Geburtstag in den Himmel, also den Tag des Sterbens durch Martyrium oder auch
durch natürlichen Tod. Für die Heiligkeit zählt das tatsächlich gelebte Leben.
Für die Heiligkeit zählt das konkrete Lebenszeugnis, nicht einfach nur das
Faktum, geboren zu sein. Das wiederum ist eine der Konsequenzen der Erbsünde.
Deswegen ist es ja auch dringende Pflicht, dass die Kinder möglichst schnell
nach der Geburt durch die Wasser der Taufe geheiligt werden. In Anbetracht der
persönlichen Sünde wartet die Kirche bis zum Tod mit der Heiligsprechung. Diese
Sicherheit haben wir erst dann, wenn die Möglichkeit der persönlichen Sünde
definitiv ausgeschlossen ist – und das ist erst nach dem Tod der Fall.
Daher im liturgischen Kalender sind Geburtstage nicht
zu erwarten. Wir feiern nur den Geburtstag von drei Kindern: an Weihnachten die
Geburt unseres Herrn Jesus Christus, wahrer Gott und wahrer Mensch, geboren zu
Betlehem aus der Jungfrau Maria. Wir feiern auch Johannes den Täufer, welcher
auf wunderbare Weise von einem bereits hochbetagten Ehepaar geboren wurde. Er
ist der Vorläufer des Erlösers der Welt. Und heute feiern wir mit grosser
Freude den Geburtstag der seligen Jungfrau und Gottesmutter Maria. Sie ist die
einzige unter den Menschen, welche ohne Erbsünde empfangen wurde.
Diese Tatsache lässt uns verstehen, warum viele Prediger
der Ansicht sind, dass der Tag der Taufe für das Leben des einzelnen viel
wichtiger sei als der Tag der natürlichen Geburt. Dass wir geboren wurden ist
natürlich schon auch wichtig, aber die Tatsache der Wiedergeburt durch den
Heiligen Geist und die Wasser der Taufe ist wichtiger. Bei Jesus, Maria und
Johannes feiern wir die Gegenwart Gottes und sein machtvolles Wirken in
ausserordentlicher Weise. Bei Johannes dem Täufer, der schon im Mutterleib
geheiligt wurde, haben wir ein hervorragendes Bild der Wirkung der Taufgnade im
Leben des Menschen. Als Maria, den Herrn bereits im Leibe tragend, Elisabeth
besuchte, hüpfte Johannes bereits vor Freude. Aber heute wollen wir nicht von
Johannes sprechen, sondern von Maria.
Gott hat Maria schon vor Anbeginn der Zeit dazu
bestimmt, Mutter seines Sohnes, unseres Herrn Jesus Christus, zu werden. Dazu
hat ihr eine besondere Gnade gewährt, dass sie die Sünde nie selber
kennenlernte, dass sie von der Sünde unbefleckt blieb – Immaculata – vom ersten
Augenblick ihrer Empfängnis an. Diese Gnade war während dem ganzen Lebens
Marias gegenwärtig: bei ihrer Zeugung, bei ihrer Geburt, in ihrer Kindheit, bei
ihrem Leben in der Familie. Die Eltern Marias, Joachim und Anna, waren gute,
heilige Eltern. Sie haben diesem auserwählten Kind ein sicheres familiäres
Umfeld bereitet, wo Maria unter dem Schutz des Allmächtigen heranwachsen
konnte. Der Hl. Andreas von Kreta erzählte so zum heutigen Fest: Heute ist die Jungfrau geboren. Sie wurde
geschützt, geformt und vorbereitet für ihre Aufgabe, Mutter Gottes zu werden,
Mutter dessen, welcher der König des Universums ist in alle Ewigkeit.
Es besteht kein Zweifel, dass die Geburt Marias ein
Grund zur Freude ist, ein Grund der Ermutigung, aber auch eine Herausforderung
für uns alle in unserem christlichen Leben. Maria ist die neue Eva, die Mutter
Gottes und zugleich Mutter für das Heil der Welt, welche durch das Blut ihres
Sohnes gerettet wurde. Maria hat mit der göttlichen Gnade zusammengearbeitet
und so können wir uns heute darüber freuen, dass die Gnade Gottes sich auf die
Welt ergossen hat. Eine solche Gunst des Höchsten gegenüber einem Menschen
tröstet uns auch deshalb, weil diese Tochter Israels dem ganz entsprochen
hatte, was Gott von ihr erwartet hatte. Die Jungfrau hat auf die gewährte Gnade
angemessen und richtig geantwortet. Ihr Mitwirken mit der Gnade Gottes bei der
Erlösung der Welt steht in totalem Gegensatz zum Ungehorsam der ersten Eltern
am Anfang der Schöpfung.
Das sind unsere Freude und die Quelle der Hoffnung für
unser Leben hier und in Ewigkeit. Maria wurde unseretwillen auf einzigartige
Weise begnadet. Schon in der Geburt der Jungfrau können wir unseren Blick in
die Zukunft richten, über ihre Aufnahme in den Himmel auf den Ort, der auch uns
verheissen ist. Wir sind dazu berufen, mit ihr im Himmlischen Reich ihres
Sohnes zu sein. Die Herausforderung ist offensichtlich die, sich der Gnade
Gottes zu öffnen, mitzuwirken mit der Gnade Gottes. Wenn wir die Tagebücher der
Hl. Faustina lesen, der aus dem 20. Jahrhundert stammenden Verkünderin der
Göttlichen Barmherzigkeit, dann können wir entdecken, wie viel es gebraucht
hat, dass Gott diese Schwester davon überzeugen konnte, dass er gerade sie dazu
auserwählt hatte, eine Werkzeug zu sein, um Gottes Liebe zu den Sündern zu
bezeugen und ihnen so einen Zugang zur göttlichen Barmherzigkeit und so um Heil
der Seele zu ermöglichen.
Das Fest der Geburt Marias gibt mir die Gelegenheit,
mit euch meine grosse Sorge um die Kirche zu teilen und euch darum zu beten,
für die aktuellen Bedürfnisse der Kirche von heute. Die Geissel der
Säkularisation (diese unnatürliche Trennung von Gott und unserer Welt) trifft
die Kirche in ihrem Herz, in der Familie. Wir haben mittlerweile schon
Familien, die bereits in der dritten Generation nicht mehr zu Hause beten,
geschweige denn an Sonn- oder Feiertagen in die Messe gehen! Die Familie ist
das Heiligtum, das Gott wollte, für seine erste Begegnung mit dem Menschen.
Ohne Gebetsleben leider ist die Welt von heute immer unwissender in Bezug auf
die Vorliebe Gottes und sein Wirken im Leben von jedem von uns.
Meine Bitte an euch heute ist, allen zu helfen, den
unersetzbaren Wert zu entdecken, welcher das Gebet in der Familie für die
Weitergabe des katholischen Glaubens hat. Macht das Gebet bekannt durch das
gute Beispiel in der eigenen Familie. Macht es bekannt durch das
Gebetsapostolat, besonders durch die Liebe zum Rosenkranz. Macht es bekannt
durch di Förderung der Skapulier-Bruderschaft,
besonders dadurch, dass wir die Kinder in der Kommunionvorbereitung mit dem Schutzmantel Mariens einkleiden. Macht
die Skapulier-Bruderschaft und die
Verehrung unserer Lieben Frau vom Berge Karmel auch bei den Erwachsenen
bekannt, denn sie können in dieser traditionsreichen und ewiggültigen
Frömmigkeit einen neuen Zugang zum Bussakrament und zur Erneuerung ihres Lebens
finden.
Bischöfe und Priester haben den Auftrag die Fülle des
Glaubens zu verkünden. Ich bin aber immer mehr davon überzeugt, dass die
katholischen Laien und die geweihten Seelen durch das Beispiel ihres Lebens und
durch ihr alltägliches Gespräch mit andern Menschen geradezu der Schlüssel sein
können, um die Herzen vieler Menschen zu öffnen, welche zwar in gutem Glauben
suchen, aber doch die Quellen des Glaubenslebens nicht finden.
Wenn wir einst das Ziel der Heiligkeit im Himmel
erreicht haben werden, wird man, anders als bei Jesus, Maria und Johannes, nicht
unseren Geburtstag feiern. Aber es wäre zu hoffen, dass wir am Ende unseres
Lebens voll Freude auf das blicken können, was die Gnade Gottes in unserem
Leben gewirkt hat.
Gelobt sei Jesus Christus!
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