27. August
2017
Oberurnen
(Glarus Nord) – Hl. Dreifaltigkeit
das 150-Jahr
Jubiläum der Kirchenglockenweihe
Is 22:19-23
Rom 11:33-36
Mt 16:13-20
Gelobt sei Jesus Christus!
Im Buch des Propheten Jesaia und im heutigen
Evangelium ist die Rede von Schlüsseln und Schlüsselgewalt. Ganz offensichtlich
sind Glocken keine Schlüssel und heute in der Pfarrei Dreifaltigkeit feiern wir das Jubiläum der Glockenweihe dieser
Kirche.
Man sagt aber auch, dass wohlklingende Glocken ein
Schlüssel sein können, d.h. ein Schlüssel zum Herzen einer Person, die schon glaubt
und die mit ihrem ganzen Herzen Gott sucht. Andere sagen, dass der Klang der
Glocken vor allem eine sentimentale Angelegenheit sei. Aber es ist nicht nur
das. Das Läuten der Kirchenglocken hat einen ganz praktischen Sinn: Den Sinn,
Leute herbeizurufen. Der Klang der Glocken ist eine Einladung. Eine Einladung, IN der Kirche zu beten bei der Heiligen Messe (besonders am Sonntag, an Festtagen
oder bei Beerdigungsmessen). Eine Einladung
zu beten am Ort, wo wir uns gerade befinden, wenn die Glocken der täglich
dreimal (ausser am Karfreitag und am Karsamstag) zum „Angelus“ oder in der Osterzeit
zum „Regina Coeli,“ läuten. Das Herz lässt sich beim Hören der Glocken nicht
nur durch die Schönheit des Klangs bewegen, sondern auch durch ein lebendiges
Zusammenspiel verschiedener Elemente. In erster Linie sind da zu nennen die
Erlebnisse, die eine Person in der christlichen Gemeinschaft hatte, d.h. im
Leben als Glied der Kirche, als getaufte und im Glauben unterrichtete Person.
Der Klang der Glocken hat die Absicht, diejenigen, die an Christus glauben zum
Gebet einzuladen. Wir sind also eingeladen, unser Herz zu erheben zu dem, den
wir als Schöpfer und Erlöser der Welt anerkennen, zu dem, der unserem täglichen
Leben Sinn verleiht. Wir können sagen, dass der Klang der Glocken die Stimme
des Erlösers der Welt repräsentiert, welcher uns ruft, nicht allein und einsam
zu sein, sondern seiner Einladung zu folgen und uns darum zu bemühen, mit ihm
eins zu sein oder zu werden. Die Glocken rufen uns, eine Gemeinschaft des
Glaubens, der Hoffnung und der Liebe in Christus zu bilden.
“Als Jesus in das Gebiet von Cäsarea Philippi
kam, fragte er seine Jünger: Für wen halten die Leute den Menschensohn?“
Ich habe manchmal den
Eindruck, dass wir dazu neigen, dem zentralen Punkt unseres Glaubens zu wenig
Bedeutung für unser tägliches Leben beizumessen: Der zentrale Punkt unseres
Glaubens an Jesus Christus ist, dass dieser wahrer Gott und wahrer Mensch ist.
Neben der starken Versuchung, unseren katholischen Glauben zu relativieren gibt
es heute auch eine andere starke Versuchung. Es ist die Versuchung, zu meinen,
dass die Ausübung der kirchlichen Autorität seit Petrus, dem ersten der Apostel
bis zum heutigen Tag könne verstanden werden als etwas rein bürokratisches oder
institutionelles, das nicht gebunden wäre an das Leben und Bekenntnis des
Glaubens. Dem ist aber nicht so: Die Ausübung eines kirchlichen Amtes setzt
immer den Glauben, die Taufe und (für
bestimmte Ämter) das Sakrament der Weihe voraus – ganz unabhängig davon ob
es sich um den Papst, einen Kardinal oder Bischof oder den Herrn Pfarrer
handelt. Die Schlüsselgewalt des Heiligen Petrus und seiner Nachfolger als
Bischöfe von Rom stützt sich felsenfest auf das Glaubensbekenntnis dessen, der
auf der Kathedra Petri sitzt. So bekommt auch das am Anfang der ersten Lesung
von heute im Buch des Propheten Jesaja ausgesprochene Urteil gegen den
Palastvorsteher Schebna seinen Sinn: “Ich
verjage dich aus deinem Amt, ich vertreibe dich von deinem Posten.” Neben
seiner Unfähigkeit und seinem ungenügenden Einsatz wurde Schebna auch deshalb
abgesetzt, weil er Gott nicht die Treue hielt. Ein Amt, das im Namen Gottes
ausgeübt wird ist nicht eine Aufgabe wie jede andere. Ein Amt in der Kirche ist
von anderer Natur und deshalb gibt es einen Unterschied zwischen den Zurufen
„viva il papa“ – „Hoch lebe der Papst“
und dem Zuruf „Hoch lebe der König“.
Ich sage das alles nicht,
weil ich heute mit Ihnen über das Geheimnis des Petrusdienstes oder das Amt des
Diözesanbischofs als Vorsteher einer Teilkirche nachdenken möchte, sondern weil
ich darauf hinweisen möchte, wo das Herz, der Kern der kirchlichen Gemeinschaft
liegt. Gott ist dreifaltig einer. Wir bilden zusammen die eine Kirche. Denken
wir nur an das Gleichnis Jesu mit dem kleinen Kind: Der Mensch, der sich zum
Geringsten in der Gemeinschaft der Kirche macht, der ist im Himmelreich der
Grösste. Anders gesagt: Wer sich über Diskriminierung beschwert oder gewisse
Reden über Klerikalismus in der Kirche hält, der hat nicht das Geringste des
Evangeliums verstanden. Ein Papst, Bischof, Priester oder Diakone, der übermutig
stolz ist auf sein Amt, hat ebenfalls überhaupt nichts verstanden. Der Mensch,
der sich zum geringsten in der kirchlichen Gemeinschaft macht, ohne Vorbehalte,
demütig wie ein Kind, der ist im Himmelreich der Grösste.
Die Vollmacht, zu binden und
zu lösen ist nicht deshalb gegeben, die Dominanz des Amtsträgers zu
unterstreichen, der die Menschen zurechtweist. Es geht nicht um den Amtsträger,
sondern um diejenigen, die regiert werden, behütet werden. Die Herde, die
letzten unter den Menschen, sie sind die wahren Protagonisten des Evangeliums.
Für die Verkündigung des Evangeliums zählt die Hauskirche, die katholische Familie: Die Mutter, der Vater, die
Kinder. Als Jesus vom Kreuz in Sankt Damiano in Assisi herab dem Heiligen
Franziskus sagte: „Baue meine Kirche wieder auf“, dann meinte er damit das
Missions-Projekt zur Heilung der Herzen zur Erneuerung des Lebens in Christus,
zu einem christlichen Leben in der Familie, in der Schule, der Pfarrei, mit den
Nachbarn. Eine wahre Erneuerung von unten.
„Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; was du auf Erden
binden wirst, das wird auch im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen
wirst, das wird auch im Himmel gelöst sein.“
Die Rede von den Schlüsseln
ist, wie auch der Klang der Glocken, eine Sache des Herzens, welche anzeigt, wo
der Kernpunkt im Drama des Glaubenslebens liegt. Dieser Kernpunkt liegt hier:
Das Leben der katholischen Kirche ist sichtbar, berührbar, strukturiert, aber
zugleich hat es seine Mitte. Die Hl. Thérèse von Lisieux rang in ihrem Leben
lange mit dieser Frage: Sie, die in strenger Klausur lebende Schwester, träumte
davon, eine Missionarin zu sein, d.h. eine konkrete und aktive Sendung zu
haben. Thérèse litt so lange am Ringen um die Gestalt ihrer Berufung, bis sie
durch die Gnade Gottes verstehen konnte, dass sich ihre Sendung verwirklichen
musste in der Liebe, d.h. sie sollte ein Feuer der Liebe sein in Mitten der
Kirche.
Im Verlauf meiner
siebenundsechzig Lebensjahre habe ich kirchliche Amtsträger und Theologen, aber
manchmal auch ganz einfache Gläubige kennengelernt, die zu sehr auf die
Institutionen und Ämter der Kirche fixiert waren. Sie haben ihr Leben als
Ordensleute oder in der Familie durchlebt mit dem Gedanken, dass sie in ihrem
Leben grosses und wichtiges vollbracht hätten, wenn sie nur selber die Kirche
leiten könnten, die Schlüsselgewalt ausüben könnten. Es tut mir leid, aber die
sichtbare Struktur der Kirche, die kirchlichen Ämter, erfüllt ihre Sendung nur
als die eine Braut Christi. Diese Einheit der Braut Christi verwirklicht
immer im konkreten Leben des einzelnen in der Gemeinschaft, besonders in
der Familie.
Die Macht der Schlüssel dient
dazu, die Herzen zu öffnen. Wehe den Amtsträgern, die sich dieser Macht rühmen.
Wehe allen, die nicht verstehen, dass das Herz des Lebens der Kirche das am
Kreuz geöffnete Herzen Jesu ist und dass unsere Sendung darin besteht, mit
diesem Geheimnis verbunden zu sein.
„Denn aus ihm und durch ihn und auf ihn hin ist die ganze Schöpfung. Ihm
sei Ehre in Ewigkeit! Amen.“
Gelobt sei Jesus Christus!
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