Festpredigt aus Anlass des dreissigjährigen Bischofsjubiläums
SER Erzbischof Wolfgang Haas
Dienstag 22. Mai 2018, Kathedrale von Vaduz
Maria, Mutter der Kirche
Apg 1, 12-14
Joh 19, 25-27
Gelobt
sei Jesus Christus!
Maria, Mutter der Kirche!
„Frau, siehe,
dein Sohn! Dann sagte er zu dem Jünger: Siehe, deine Mutter! Und von jener
Stunde an nahm sie der Jünger zu sich.“
Die Entscheidung, unser Fest zum 30-Jahr-Jubiläum des
Erzbischofs von Vaduz mit der Votivmesse “Maria, Mutter der Kirche” zu feiern
erleichtert meine Aufgabe über den bischöflichen Dienst zu meditieren. Dafür
bin ich Gott dankbar. Mit dem Titel „Maria, Mutter der Kirche“ und ausgehend
vom Evangelium dieser Messe, haben wir alles was nötig ist, um ein vollständiges
Programm für das Bischofsamt auszulegen.
„Seine Mutter
sagte zu den Dienern: Was er euch sagt, das tut!“ (Johannes 2:
5)
Ich glaube, dass wir in der heutigen
Zeit solch ein marianisches Programm brauchen, um das Amt des Bischofs zu
beschreiben. Wir müssen eindeutig darauf bestehen, dass die Kirche Christi ohne
die Muttergottes in ihrem Zentrum undenkbar ist. Aus diesem Grund sollte das
einzige bischöfliche Amt, das man sich in der Kirche vorstellen kann, dasjenige
sein, das durch das Gebet, die Gegenwart und den Rat der Seligsten Jungfrau
Maria erleuchtet wird.
Es gäbe so viel über das Amt des
Bischofs zu sagen! Wir hätten das Liber
Regulae Pastoralis von Papst Gregor dem Grossen und seine Lehre über das magisterium humilitatis, das Lehramt der
Demut untersuchen können. Dazu passt immer
auch ein Zitat des Freundes vom heiligen Karl Borromäus, vom grossen Erzbischof
von Braga in Portugall, Bartolomeu dos Martires, und seines Stimulus Pastorum: “Quid aliud est Episcopus, quam quidam suae dioecesis sol, & homo
totus igneus, totus conquirendis Christo animabus intentus exemplo semper, et
verbo saepissime praedicans?” “Was anderes ist der Bischof als die Sonne
seiner Diözese und ein Mann voll Feuer, der ganz darauf bedacht ist, Seelen für
Christus zu gewinnen, indem er ständig durch sein Beispiel predigt und sehr oft
durch sein Wort?” Aber dank der Priorität, die der Mutter Gottes gegeben wird,
können wir Gregor und Bartolomeu ein wenig auf der Seite lassen und uns heute
auf eine andere Art von Gedankenaustausch konzentrieren. So können wir den
Akzent auf die marianische Spiritualität legen, indem wir die Worte als
Ausgangspunkt nehmen, die Jesus selbst an die Apostel gerichtet hat und die
damit auch für ihre Nachfolger Gültigkeit haben. Er hat sie von zwei Berghöhen
aus gesprochen: vom Kalvarienberg und vom Ölberg. Von Jesus selbst kennen wir
die Aufgabe, die der Herr seine Mutter auf dem Kalvarienberg zugunsten der
Kirche zuerkannt hat. Dies gilt vor allem für den bevorzugten Apostel, den
heiligen Johannes, und auch für das ganze Apostelkollegium und damit auch für
alle Bischöfe, die ihm im Laufe der Jahrhunderte gefolgt sind bis zur
Wiederkunft des gerechten Richters.
„Frau, siehe,
dein Sohn! Dann sagte er zu dem Jünger: Siehe, deine Mutter! Und von jener
Stunde an nahm sie der Jünger zu sich.“
Vom Ölberg aus, hier in der Apostelgeschichte kurz vor
dem Abschnitt, den wir für unsere erste Lesung gewählt haben, finden wir den
Auftrag, den der auferstandene Herr im Augenblick seiner Himmelfahrt den
Aposteln gegeben hat, auch wenn er für uns in etwas rätselhafte Worten
gekleidet ist.
„Geht nicht
weg von Jerusalem, sondern wartet auf die Verheißung des Vaters, die ihr von
mir vernommen habt. Johannes hat mit Wasser getauft, ihr aber werdet schon
in wenigen Tagen mit dem Heiligen Geist getauft… Euch steht es nicht zu, Zeiten
und Fristen zu erfahren, die der Vater in seiner Macht festgesetzt hat. Aber
ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch herabkommen
wird; und ihr werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und
Samarien und bis an die Grenzen der Erde.“
Es ist klar: die Apostel haben verstanden, dass ihre
erste Aufgabe darin besteht, wachend zu beten und auf die Ausgiessung des
Heiligen Geistes zu warten. Gleich nach der Himmelfahrt gehorchten die Apostel
dem Wort Jesu und zogen sich zum Gebet in den Abendmahlssaal zurück, und wie
man sieht, fanden sie sich dort als Kollegium versammelt um die Muttergottes.
„Als sie in
die Stadt kamen, gingen sie in das Obergemach hinauf, wo sie nun ständig
blieben… Sie alle verharrten dort einmütig im Gebet, zusammen mit den Frauen
und mit Maria, der Mutter Jesu, und mit seinen Brüdern.“
Als Kinder haben wir beim Studieren
des Katechismus gelernt, dass die Kirche Christi die eine, heilige, katholische
und apostolische ist. Wir haben der Bedeutung dieser vier Zeichen einige
Lektionen gewidmet. Ich muss hinzufügen, dass für die Kirche, sowohl für die
universale als auch für die Teilkirche, die Pflicht, auf diese vier Zeichen besonderes
Gewicht zu legen, auf den Schultern des Bischofs liegt. Er ist es, der das
glorreiche Antlitz des Herrn Jesus auf dem mystischen Leib Christi für das Heil
der Welt erstrahlen lassen muss. Es ist eine gewaltige Aufgabe, die Jesus
selbst dem Bischof zu Gunsten seiner Herde anvertraut hat. Der auferstandene
Herr spricht durch seine Kirche und durch die Gnade des Heiligen Geistes. Der
Auftrag erfüllt sich in der Zusammenarbeit des Bischofskollegium und des Presbyteriums
und dem Mitwirken aller Getauften. Der Bischof und sein Klerus tun dies immer
zusammen mit Maria zuhause und im ständigen Gebet (in der Apostelgeschichte
liegt der Schwerpunkt auf dem Haus des heiligen Johannes und auf dem Abendmahlssaal
bis zum Pfingsttag). Es gibt und es kann auch keine
Kirche Christi geben, die nicht ganz marianisch ist. Durch das Wort Christi
sind wir der Person und dem Gebet Mariens anvertraut. Wir müssen vor allem das
Antlitz Mariens in unserem Glaubensleben und in unserem priesterlichen
Apostolat suchen.
Was für ein schöner Gedanke, dass wir alle als Kirche
in Gemeinschaft mit Maria leben! Dies ist ein grosser Trost, aber gleichzeitig
auch eine grosse Herausforderung.
Das Wort, das unseren Familien
gepredigt werden muss, immer durch Taten und sehr oft auch in Worten, ist, dass
die Mutter im Haus gegenwärtig ist, wie es Maria im Haus von Johannes war. Man
erkennt die Gegenwart der Gottesmutter durch unsere Gebetsgewohnheiten. Mit dem
heutigen hektischen Leben, das nicht so viel Raum für die einfache gegenseitige
Anwesenheit von Menschen lässt, ist es wirklich eine Herausforderung.
Selbst die einfachen Getauften
müssen sich wegen all der Ablenkungen und des Lärms, der die Gelassenheit
wegnimmt, sehr bemühen. Die Aufgabe des Priesters und vor allem des Hohepriesters,
also des Bischofs, ist es, das Leben der kleinen Kirche, also der Familie, in
diesem Sinne nützlich zu machen. Für den Bischof bedeutet seine Mission
wirklich eine Herausforderung. Seit jeher tragen die Nachfolger der Apostel
eine grosse Verantwortung, wie es der heilige Augustinus bangend ausdrückte:
Mit euch bin ich getaufter Christ und für euch bin ich Bischof. Mit
der Übernahme des Pontifikats beklagte sich der heilige Gregor der Grosse über
den Verlust der Ruhe und der Sammlung in der Klausur. Der grosse heilige Papst
bedauerte zutiefst den Verlust der Gelegenheit, die klösterliche tiefe
Verbundenheit mit dem Herrn und natürlich der Gemeinschaft mit Seiner Mutter zu
leben. Wie kann man das durch die
Ausübung des bischöflichen Amtes retten?
Heute sprechen wir oft über
Subsidiarität und leider auch über die Grundlagen des Aktivismus. Die Merkmale
eines marianischen Dienstes des Bischofs sollten den Schwerpunkt anderweitig
legen, und zwar auf das Gebet, in der Erwartung mit Maria, und im Hören darauf,
alles vom Sohn zu erwarten, entsprechend der prophetische Aufforderung seiner
Heiligen Mutter: “Was er euch sagt, das
tut!”
Exzellenz! Wir
feiern heute mit Ihnen! Wir sind heute bei Maria, unserer Mutter, zu Hause! Inbrünstig im Gebet mit der Mutter der Kirche bitten
wir den eingeborenen Sohn des Vaters um jede Gnade für Sie als Nachfolger der
Apostel.
Das heisst so zu sein, wie die Apostel, die ihren
Platz erkannt haben in der Gemeinschaft mit Maria und unter ihrem Segen. Exzellenz,
schreiten Sie weiter voran in der Gnade, die sie vor dreissig Jahren empfangen
haben! Sei es, wie Gott es will, und ja, wie Bartolomeu dos Mártyres sagt,
seien Sie voll Feuer für die Kirche, die Ihrer Sorge anvertraut ist, die Sonne
der Erzdiözese, und predigen Sie immer durch das Beispiel und sehr oft mit
Worten!
Gelobt sei Jesus Christus!
Maria, Mutter der Kirche!
PROPERANTES ADVENTUM DIEI DEI
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