Glaubenszeugnis - Anziehungskraft des Ordenslebens
Vortrag für die Schwestern
Sankt
Pelagiberg – 10. September 2019
Als
Jungpriester und Religionslehrer für 14-17-Jährige bei uns zuhause an der
katholischen Schule habe ich jedes Jahr einen Teil des katechetischen
Unterrichts einer ekklesiologischen Betrachtung der Kirchengeschichte gewidmet.
Diesbezüglich bin ich, auch 40 Jahre später, immer noch der Meinung, dass der
Heilige Geist die Verkündigung des Evangeliums hauptsächlich durch Personen,
gottgeweihten Personen, und vor allem, durch Heilige vorantreibt. Ich will nichts
von der Bedeutung des Petrusamtes, des Bischofsamtes oder des Priesteramtes als
Berufung wegnehmen, aber ich muss sagen, dass das Ordensleben, das gottgeweihte
Leben, das Leben von Ihnen als Ordensschwestern für das Leben der Kirche gewissermassen
herausragend ist. Die Kirche lebt und blüht vom Zeugnis, ja von Zeugen des
Glaubens, der Hoffnung und der Liebe, von Zeugen der Vollkommenheit. Jeder
Christ kann und muss Zeuge des Glaubens sein. Wir alle sind berufen,
heiligmässig zu leben. Die Geschichte der Kirche und der Verkündigung ist ohne
das Gottgeweihte Leben einfach undenkbar.
Aber Achtung! Es darf nicht vergessen
werden, dass die katholische Familie im Zentrum des kirchlichen Lebens steht.
Im Zentrum des göttlichen Projektes zur Errettung der Welt steht die
Gemeinschaft von Mutter, Vater und Kindern, die wir die "kleine"
Kirche nennen. In normalen Zeiten existiert der gesamte institutionelle Teil
der "großen" Kirche vor allem, um dieser ersten Zelle der Kirche zu
helfen, ihre Aufgabe zu erfüllen und der nächsten Generation ein lebendiges
Gefühl der Gegenwart Gottes zu geben, der in der Welt tätig ist, von Gott, der sich
wegen seiner unbeschreiblichen Liebe für jeden von uns interessiert. Das
geweihte Leben besteht vor allem darin, der Familie zu dienen, durch das
Bewusstsein der Liebe Gottes zu jedem von uns, durch das Zeugnis der Heiligkeit
des Lebens der geweihten Seelen, durch Ihr Leben des Gebetes und der
Kontemplation, durch das Apostolat, insbesondere durch den Unterricht auf allen
Ebenen und durch die Gesundheitsversorgung.
Zurück zu
meinen „High School“ Vorlesungen von damals in Sioux Falls, South Dakota! Um den
Schülern zu helfen, meine These für die schulischen Prüfungen im Gedächtnis zu behalten,
habe ich die verschiedenen kirchlichen Hauptdarsteller durch die Jahrhunderten
hindurch mit verschiedenen Schlüsselworten bezeichnet, die alle mit „M“ anfangen.
Es war meine Behauptung und es bleibt auch so, dass der Heilige Geist immer und
auf verschiedenste Weise zugunsten des ewigen Heils des Volks Gottes tätig war
und ist.
Hier sind meine Kategorien für
die jeweiligen Protagonisten und Protagonistinnen der Weitergabe des Glaubens
und des Christlichen Lebens:
- Schon zu apostolischen Zeiten und hauptsächlich für
gut 300 Jahren waren es diejenigen, die mit M anfangen: Märtyrer, Männer und
Frauen die durch ihrem Lebensopfer bis zum Todesopfer dem Herrn geweiht sind.
- Nach dem Untergang des Römischen Reichs und für
ebenso lange Zeit, wenn nicht länger, waren es wieder diejenigen, die mit M
anfangen: Mönche (Wir sagen „Mönche“ und wir meinen auch dabei „Nonnen“), als
Gemeinschaften durch Ora et Labora
dem Herrn geweiht.
- Dann fast bis zur Zeit der Gegenreformation waren es
diejenigen, die mit M anfangen: Mendikanten (die Bettelorden, männliche und
weibliche), die Christus in Armut folgen.
- Es folgte dann bis in unseren Zeiten hinein wiederum
diejenige, die mit M anfangen: Missionare, auch Männer und Frauen.
Durch das Beispiel und die
Lehre, die den Anders- oder Nichtgläubigen von außergewöhnlichen Menschen in
jeder dieser Kategorien angeboten wurden, Märtyrer, Mönche, Mendikanten,
Missionare, wurde das Evangelium gepredigt und für das Wohl des Einzelnen und
für die Rettung der Welt gefördert.
Ich muss feststellen, dass für mich heute
die Kategorien, die ich damals für den Unterricht in der Schule verwendet habe,
nicht so wichtig sind. Diese Kategorien lassen sich nicht eindeutig voneinander
unterscheiden oder in Bezug auf einen bestimmten Zeitraum klar eingrenzen. Sie
haben immer auf die eine oder andere Weise nebeneinander bestanden. Ich würde
einfach sagen, dass, besonders im Fall der Mönche und Mendikanten, die eine
oder andere Gruppe von der Kultur je nach dem historischen Moment oder dem
spezifischen Ort in der Welt besser verstanden oder geschätzt wurde. Es sollte
betont werden, dass es eher die Menschen waren und auch heute noch sind, die
wichtig sind, die großen Heiligen, die zu jeder Gruppe gehören. Was zählt, ist
die Tatsache, dass zu seiner Zeit und in der gesamten Geschichte der Kirche
diese Männer und Frauen, jung und alt, unsere Heiligen, die Fantasie des Volkes
geweckt haben. Durch ihr Vorbild haben sie Menschen zum Glauben gebracht und zum
Wagnis, Christus nachzufolgen.
Märtyrer:
Zeugen des gekreuzigten Christus, in Seinem Opfer an den Vater zum Heil der
Welt;
Mönche:
Zeugen Christi in der Wüste und auf dem Berg im Gebet mit seinem Vater;
Mendikanten:
Zeugen des Menschensohnes, der keinen Platz hatte, um sein Haupt hinzulegen;
Missionare:
Unermüdliche Zeugen für den lehrenden Christus, um den im dunklen Tal Liegenden
Licht zu bringen.
Es entgeht mir keineswegs die
Tatsache, dass die vier Kategorien nicht erschöpfend sind, denn es fehlt die
sehr wichtige Kategorie von Friedenstiftern sowie Mitarbeitern der
Nächstenliebe. Was wäre das Zeugnis des
Evangeliums ohne Menschen wie die heilige Elisabeth von Thüringen! Ja, sie war
eine Bettlerin, aber in außergewöhnlicher Weise war sie ein Beispiel für eine Dienerin
der Nächstenliebe durch ihren vollen Einsatz für die Armen, Schwachen und
Kranken... Ich bleibe jedoch bei meinen Kategorien, weil wohltätige
Aktivitäten, das Engagement für den Frieden oder das Unterrichten durch alle
Zeiten fortdauern. Es handelte sich jedoch um Tätigkeiten, die von Personen der
genannten Kategorien vorwärts gebracht wurden; die karitativen Helfer oder
Friedenstifter waren Märtyrer, Mönche, Mendikanten oder Missionare.
Dies war eine lange Einführung
oder in Klammern, um mich zur kürzeren Ausarbeitung meiner These zu führen,
dass es nichts Wichtigeres gibt als die Heiligkeit des persönlichen und
individuellen Lebens für die Erneuerung des heutigen Lebens in der Kirche. Wenn
wir auf eine Erneuerung des kirchlichen Lebens in unserer Zeit hoffen oder von
ihr träumen können, wird diese Erneuerung religiöse Ordensmänner und -frauen
als Hauptfiguren im Dienst der "kleinen" Kirche als Zelle der
"großen" Kirche haben. Anders
ausgedrückt, wir müssen die katholische Familie retten und dafür braucht es die
geweihten Seelen.
In diesem Zusammenhang möchte ich betonen,
dass die "gemeinschaftliche" Dimension des geweihten Lebens eine
Schlüsselrolle darin spielt, dass das christliche Leben nicht einsam oder unstrukturiert
ist, sondern gemeinschaftlich. Die Tugenden des Einzelnen haben großes Gewicht,
aber es ist die gemeinsame Tun und das Gemeinschaftszeugnis, die es dem Zeugnis
eines Johannes des Täufers oder eines heiligen Mönchen Vaters Antonius
ermöglichen, Anwendung oder Verbindung zu denen zu finden, die in dieser Welt
leben.
Es versteht sich von selbst, dass der
Angelpunkt, um den sich dieses erneuerte geweihte Leben dreht, die Eucharistie
ist, die gemäß der Tradition wiederhergestellt werden muss, und das
Stundengebet, das gemäß den Statuten der jeweiligen Ordensgemeinschaft in
Gemeinschaft gebetet wird.
Glaubenszeugnis - Anziehungskraft des Ordenslebens: Warum sterben gewisse Kongregationen? Warum gedeihen andere? Oft sterben Gemeinschaften aus Mangel an Eifer, wegen der Lauheit ihrer Mitglieder und ja, wegen der Sünde. Manchmal auch, weil sie das Mitgefühl der Gläubigen nicht finden. In einigen Fällen können wir von der Unwichtigkeit ihres grundlegenden Charismas sprechen (ich denke zum Beispiel an die Trinitarier oder Mercedarier, die gegründet wurden, um christliche Sklaven und Geiseln von Muslimen zu erlösen). Es gibt auch Fälle, in denen die soziale Organisation und bestimmte wirtschaftliche und kommerzielle Mechanismen versagen oder verändert werden und bestimmte Formen des geweihten Lebens zerstören. Zum Beispiel: Die industrielle Revolution verurteilte bestimmte klösterliche Formen, wie die Zisterzienser, die lange Zeit die europäische Wirtschaft beherrschten (die einzelnen Gemeinschaften bestanden aus einer bestimmten Anzahl von Mönchen in den einzelnen Klöstern, wobei sich viele Laienbrüder um die Felder, die Rinder usw. kümmerten). Diese Brüder ernährten sich geistig besonders aus den 15 Geheimnissen des heiligen Rosenkranzes und aus dem kleinen Offizium der Madonna, da sie keine Zeit hatten, an der täglichen Konventmesse oder an dem im Chor gesungenen Offizium teilzunehmen.
Ich möchte überhaupt nicht ein Urteil über die
Krisen in bestimmten Kongregationen abgeben und darüber, ob sie immer endgültig
sein müssen, oder ob sie manchmal nicht auch für ein Charisma heilsam sein
können. Die Benediktiner z.B. beziehen sich immer auf den heiligen Benedikt von
Nursia (ca. 480-547), obwohl viele darauf bestehen, dass die uns bekannte
Ordnung von der Reform eines anderen Benedikts, des heiligen Benedikt von Aniane
(747-821), inspiriert ist. Ohne mich auf Prozesse zu beschränken, die eine
lange Zeit benötigten, kann ich einfache Beispiele weiblicher Gemeinden
anführen, die in kurzer Zeit eine neue Blüte erlebt haben, nachdem sie ihr
Charisma durch Reformen wiederentdeckt hatten.
Ich denke zum Beispiel an den Fall der Gründerin von EWTN, Mutter
Angelica, PCPA, der Klarissen der ewigen Anbetung. Ich kenne zwei von
Dominikanern inspirierte weibliche Gemeinden in den Vereinigten Staaten, die
mit der Rückkehr zum langen Ordenskleid und der Wiederaufnahme des klassischen
Apostolats des Unterrichtens von Mädchen und junge Frauen eine wahre Explosion
neuer Berufe erlebt haben.
Vielleicht hilft uns der
Ratschlag des Jesaja 30,15: “…in silentio
et in spe erit fortitudo vestra.” “…nur Stille und Vertrauen verleihen euch Kraft.“
Was für Israel auf seinem Weg
galt, wird in den Unterscheidungsprozessen für den Einzelnen und für die
Gemeinden des geweihten Lebens immer gelten. Ich wiederhole: Es gibt nichts
Wichtigeres als die Heiligkeit des persönlichen und individuellen Lebens für
die Erneuerung des Lebens in der heutigen Kirche. Wenn wir hoffen oder von
einer Erneuerung des kirchlichen Lebens in unserer Zeit träumen können, wird
diese Erneuerung religiöse Männer und Frauen als Hauptpersonen im Dienst der
"kleinen" Kirche als Zelle der "großen" Kirche haben. Die
Herausforderung ist der Prozess der Unterscheidung, und der Ausgangspunkt dafür
muss die Suche nach den richtigen Koordinaten sein.
Vor
Jahren spekulierte ein Theologe namens Ratzinger, damals viel jünger als Papst
Emeritus Benedikt XVI., über die Zukunft der Kirche und sagte, dass der
Eckstein des Gebäudes der künftigen Kirche möglicherweise die Konzentration auf
Bekenner des Glaubens, der Geistlichen, der Ordensleute und der Laien sein
werde. Er legte dar, dass das Modell "Volkskirche" von der Bildfläche
verschwinden werde. Damit wollte der zukünftige Papst die Gläubigen nicht
erschrecken oder verärgern. Radikale Veränderungen dieser Art vorzuschlagen,
dient in diesem Fall vor allem dazu, die Menschen zum Nachdenken über das
Wesentliche anzuregen und Grundlagen für die Unterscheidung anzubieten.
Aufgrund meiner Berufserfahrung bin ich überzeugt, dass die Alternative zur
Volkskirche keine Geheimkirche, keine Kirche der Katakomben sein kann. In
Zeiten der Verfolgung leben wir so, aber dieses Phänomen, dass das Überleben
der Kirche ermöglicht, kann nur eine vorübergehende Struktur sein. Die Zukunft
kann nicht nach dem Vorbild einer geheimen Kirche gebaut werden; wir müssen im
Licht des Tages leben. Die Kirche Christi ist sichtbar und greifbar; sie muss
ihren Kontext oder sozialen Inhalt haben, einschließlich der hierarchischen
Komponente. Es kann sein, dass wir, wenn wir ruhig bleiben, beten und asketisch
sind und so das Antlitz Gottes suchen, herausfinden können, wie wir am besten
anderen dienen und die Kirche als solche überleben lassen können.
Mit jedem
Tag und mit jeder neuen Erfahrung bin ich mehr und mehr davon überzeugt, dass
wir uns auf den Rat von Jesaja 30:15 beziehen müssen. "…in silentio et in spe erit fortitudo vestra.” ... “...nur
Stille und Vertrauen verleihen euch Kraft". All jene, die heute die Tradition umarmen,
Laien, Geistliche und auch Ordensmänner und -frauen, zeichnen sich für ihre
Beständigkeit und damit ihre Treue zum Rat der Heiligen Schrift aus. Ich spreche
nicht von einer Art starren Stille, sondern von einem treuen Leben, das durch
eine Katechese im Einklang mit der Lehre der Kirche aller Zeiten bereichert
wird.
Vielleicht könnte ein
Austausch zwischen uns mir helfen, mein Konzept für Sie klarer zu machen. Die
Unklarheit ist auf die institutionellen Voraussetzungen zurückzuführen, die die
Kirche heute und insbesondere hier in der Schweiz als Geisel nehmen. Wir erleben
eine große Kapitulation seitens der Gesellschaft und leider auch der Kirche in
Bezug auf die unausweichliche Rolle, die die klassische Familie bei der
Förderung des Evangeliums zur Errettung der Welt spielt. Sie, als geweihte
Seelen müssen ein Licht werfen auf die Möglichkeiten (auch für Familien), den
Ruf in der Taufe, Christus auf dem Kreuzweg zur Herrlichkeit seines ewigen
Reiches nachzufolgen, heroisch zu leben.
Gelobt
sei Jesus Christus!
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